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Plädoyer für eine neue kritische Kommunikationsforschung

Der Frankfurter Soziologe Dieter Prokop setzt an, das Bild des Konsumenten in den Köpfen der Medienmacher und -forscher zurechtzurücken. In seinem neuen Buch Der kulturindustrielle Machtkomplex. Neue kritische Kommunikationsforschung über Medien, Werbung und Politik kritisiert er einseitige Vorstellungen von einer Masse, der nur durch Tricks und Manipulationen Aufmerksamkeit abgerungen werden kann.

Dieter Prokop, emeritierter Professor für Soziologie und Massenmedien an der Universität Frankfurt, hält den kommerziellen Weg, den ein Teil der Kommunikationsforschung eingeschlagen hat, für grundfalsch. Das Entwickeln immer ausgefeilterer Medientrainings und PR-Kampagnen für Politiker und Manager kann für ihn nicht Aufgabe der Wissenschaft sein. Im Gegenteil, so Prokop, macht sie sich dadurch „zu einem treuen Diener derer, die Konsumenten oder Wähler manipulieren wollen und das Geld und die Macht haben, sich die entsprechende Forschung zu kaufen“.

Stattdessen setzt Prokop auf die kritische Kommunikationsforschung. Sie hat zur Aufgabe, die Strategien und Verflechtungen innerhalb des kulturindustriellen Machtkomplexes zu durchleuchten. Prokop stellt überzeugend dar, wie eng die Interessen von Werbung und Politik miteinander verschlungen sind und welch abschätziges Bild vom Menschen in diesem Bereich reproduziert wird. Der Verstand der Menschen wird ignoriert, Inhalte werden zunehmend über Gefühle und Stimmungen vermittelt. Getreu dem Motto „Gefühle ansprechen, ausbeuten, wegwerfen“ steht die effektive Vermarktung von Aufmerksamkeit im Vordergrund.

Zusammen mit Prokops zuletzt erschienenem Band Nichtidentische der Kulturindustrie. Neue kritische Kommunikationsforschung über das Kreative der Medien-Waren bildet dieser Band einen gelungenen Versuch, das kritische Potenzial der Frankfurter Schule neu zu beleben, ohne sich simpler Vorstellungen der gefühlsbetonten „Masse“ zu bedienen. Denn die Gefühle sind vom Verstand gar nicht abtrennbar: Es gibt ebenso vernünftige Gefühle wie einen gefühlvollen Verstand. Das stellt für Prokop den Hoffnungsschimmer dar, an dem die Strategien des kulturindustriellen Machtkomplexes letztendlich scheitern müssen.

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