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Noch eine Frage bitte, Herr Haarkötter

Hektor Haarkötter über sein Handbuch "Journalismus.online"

Nach Ihrer Ansicht ist heute jeder Journalismus gleichzeitig Online-Journalismus. Können Sie dies erklären – es gibt ja nach wie vor Zeitungen, Radio und Fernsehen?

Es macht nur noch wenig Sinn, den Journalismus nach Ausspielkanälen zu unterscheiden. Jeder Journalismus wird heute digital und online hergestellt, in webbasierten Content-Management-Systemen, digital vernetzten Schnittplätzen etc. Und kaum eine Redaktion kann es sich heute noch leisten, ihre Storys auf nur einem Kanal auszuspielen. Entsprechend ist jeder Journalismus heute Online-Journalismus oder – wie ich lieber sage – Journalismus.online.

Sie haben für Ihr Buch 20 Online-Redaktionen und Multimedia-Agenturen besucht und befragt. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Die Erfahrungen waren sehr bunt, weil die Welt der Online-Redaktionen eine sehr bunte ist. Ich war bei Spiegel Online in Hamburg mit 160 Redakteuren, ich war aber genauso bei kleinen Multimedia-Agenturen mit kaum einer Handvoll MitarbeiterInnen oder bei der Lokalredaktion, die Online ganz selbstverständlich mitmacht. Ich kann jedenfalls sagen, dass die Redaktionen hier und heute eine enorme Integrationsleistung hingelegt haben und dass die Verzahnung der unterschiedlichen Ausspielwege wirklich schon weit vorangeschritten ist. Gleichzeitig entstehen ja immer noch wieder neue Tools, neue Plattformen und neue Gadgets, die ausprobiert werden wollen, deren Akzeptanz beim Publikum herausgefunden werden muss und die auch erst wieder in den Workflow integriert werden müssen. Journalismus.online bleibt auf diese Weise ein – sorry für das „Denglish“ – „work in progress“.

Wie wird sich der Journalismus.online nach Ihrer Meinung weiterentwickeln?

Ein bisschen ist für mich die Frage, wie die Verlagshäuser es schaffen, zukünftige Erlösmodelle für den Journalismus.online zu etablieren – oder ob sie an dieser Aufgabe scheitern. Wenn Letzeres geschieht, wird Platz entstehen für ganz neue Formen des Journalismus. Denn das Bedürfnis nach gesellschaftlich relevanter Information wird ja nicht verschwinden, nur weil das ein oder andere Zeitungshaus aufgeben muss. Vielleicht müssen wir für die Zukunft noch stärker über alternative Finanzierungswege wie gemeinnützigen Journalismus oder über eine neue Art öffentlich-rechtlich finanzierten Online-Journalismus nachdenken. Hier ist noch viel Fantasie gefragt.